Juller – Wider das Vergessen

Theater der Jungen Welt bringt Leben des jüdischen Nationalspielers Julius Hirsch auf die Bühne

Foto: Sebastian Schimmel

Mit einem öffentlichen Auftakt im Theater der Jungen Welt Leipzig (TDJW) starten heute die Proben zum neuen Stück „Juller“, in dem das Leben des deutsch-jüdischen Fußball-Nationalspielers Julius Hirsch auf die Bühne gebracht wird. Hirsch, der siebenmalige deutsche Nationalspieler, wurde im Holocaust ermordet.

Das Stück ist eine Gemeinschaftsproduktion des TDJW, der Kulturstiftung des Deutschen Fußball-Bundes und der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Die Schirmherrschaft hat Claudia Roth, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages übernommen. „In einer Zeit, in der die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, sind es Theaterstücke wie Juller, die uns Orientierung und Halt bieten können“, sagt sie. „Und die uns mahnen für die Zukunft.“ Regisseur des Stückes ist Intendant Jürgen Zielinski, der Autor Jörg Menke-Peitzmeyer, der 2016 den Deutschen Jugendtheaterpreis erhielt, hat eine Fassung erarbeitet, die für das Eintreten gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung in Sport und Gesellschaft sensibilisiert. „Volkssport trifft Volkstheater“, so Zielinski. „Die Mannschaftsaufstellung steht und natürlich sind wir nervös, wenn wir ab heute mit den Proben beginnen.“ Allerdings ginge es nicht um Sieg oder Niederlage, sondern darum, wie sich das Stück in die Herzen spielen könne. „Die Überlegungen sind weniger von Taktik, als von Gefühlen und Bildern geprägt, die den Zuschauer berühren und gefangen nehmen sollen“, sagt der Regisseur. „Es geht darum, die unglaublichen Schrecken des Holocaust am Beispiel der Tragödie von Julius Hirsch in Erinnerung zu rufen und eine Brücke ins Hier und Jetzt zu schlagen.“

Als wichtige Gesprächspartner fungierte im Vorfeld die Familie von Julius Hirsch. Sie begleitet die Produktion mit großer Sympathie. „Der Autor hat mit großem Gespür die Brüche in Jullers Leben herausgearbeitet und schafft es durch die ironische Rückschau der drei Mannschaftskameraden, den Fußballsport präsent zu halten“, erklärt Andreas Hirsch, der Enkel des einstigen Nationalspielers. „Die raue, freundschaftlich-schnoddrige Sprache stammt aus der sprichwörtlichen Kabine und wird nicht nur die Jugend zuhören lassen.“ Bei aller Ironie werde nichts beschönigt und die klare Haltung sei stets spürbar, um in der Gegenwart eindeutig Stellung gegen Rassismus zu beziehen.

Die Premiere des Stücks findet am 8. April im TDJW statt. Beinahe auf den Tag genau an Jullers 125. Geburtstag. Im Herbst geht die Produktion dann auf Gastspieltournee – in zehn Bundesligastädten soll sie an ungewöhnlichen Spielstätten aufgeführt werden, um ein junges Publikum vor Ort abzuholen und für Demokratie und Toleranz zu sensibilisieren. Auftakt dazu soll am 10. Oktober im Deutschen Fußballmuseum Dortmund sein. „Fußball ist ein Gesellschaftssport, der quer durch alle Publikumsschichten begeistert“, so Skadi Jennicke, die Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig. „Diesen Sport anhand der Geschichte von Julius Hirsch mit Themen Diskriminierung, Antisemitismus und Toleranz zu verknüpfen, ist der Auftakt zu einem großartigen Projekt.“

Das Theater der Jungen Welt, selbst kurz nach dem Zweiten Weltkrieg vor 70 Jahren eröffnet, setzt sich seit vielen Jahren mit der Zeit des Nationalsozialismus und den Verbrechen der Nazis auseinander und engagiert sich für eine weltoffene, multikulturelle Gesellschaft. Auch tagespolitisch positioniert sich das TDJW eindeutig und zeigt klare Kante gegen Rechtsextremismus und jegliche Formen der Menschenfeindlichkeit.

 

 

 

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