Leipzig bekommt keine flächendeckende Ortschaftsverfassung

Leipzig bekommt keine flächendeckende Ortschaftsverfassung. Ein entsprechender Antrag der Fraktion Die Linke sah vor, auch für die Stadtbezirksbeiräte ähnliche Rechte einzuräumen wie sie den Ortschaftsräten nach den Eingemeindungen eingeräumt wurden.

„Der Verwaltungsstandpunkt ist für uns nicht akzeptabel“, sagte Stadträtin Ilse Lauter (Die Linke) in der Ratsdebatte. Dieser sieht vor, bis Ende 2017 ergebnisoffen zu prüfen, ob bestehende Regularien für die Wahlperiode 2019 bis 2024 angepasst werden müssen. Selbst wenn die Stadt Leipzig dann zu einem positiven Ergebnis käme, so Lauter, sei die Umsetzung nicht machbar bis zur Kommunalwahl 2019, weil grundlegende Festlegungen getroffen werden müssten. „Der Standpunkt der Verwaltung ist ein Placebo ohne Wirkung.“ Deshalb fordere ihre Fraktion weiter die Überarbeitung bis 31. Dezember 2017. Immerhin hätten 43 Mitglieder der Stadtbezirksbeiräte dafür positiv votiert, 22 seien dagegen gewesen, zehn enthielten sich.

„Das ist wieder einmal ein Anlauf der Linken, bestehende Strukturen unserer Stadt nachhaltig zu verändern“, erklärte CDU-Stadtrat Nils Oberstadt. Zumal es Zweifel gebe, ob das rechtlich möglich sei. Im Paragraf 65 der Sächsischen Gemeindeordnung stehe das Wörtchen „kann“, was bedeute, dass die Ortschaftsverfassung dort, wo es sinnvoll ist, angewandt werden sollte. „Eine Ortschaft ist eine kleine Siedlungsstruktur auf dem Gebiet der Gemeinde“, so Oberstadt. „Dort ist es geradezu notwendig, kleinere Verwaltungseinheiten schaffen.“ Viele Fragen seien nicht geklärt. Beispielsweise die, wie viele Ortschaftsräte dann künftig in einer Ortschaft Süd seien, wenn doch schon das kleine Miltitz fünf Ortschaftsräte habe? Zudem sei das Thema schon mehrmals auf dem Tisch gewesen. „Ich hoffe, dass der Stadtrat dieser Starrköpfigkeit der Linksfraktion nicht folgt.“

Für die SPD-Fraktion sprechen ebenfalls „mehrere rechtliche Gründe“ dagegen, sagte Nicole Wohlfahrt. Fragen seien zudem nicht ausreichend geklärt. „Und auch die Historie gibt es nicht wieder, eine einfache Übernahme der Ortschaftsverfassung auf die komplette Stadt vorzunehmen.“ Schließlich würde das auch bedeuten, dass sich die Stadt selbst lähme, weil jede Vorlage in noch mehr Gremien votiert werden müsse. „Den Stadtbezirksbeiräten wurde suggeriert, dass sie mit der Ortschaftsverfassung vor Ort über Schulbauten entscheiden könnten. Deshalb haben sie zugestimmt.“

Annemarie Opitz, die Ortsvorsteherin von Engelsdorf habe sich gefragt, ob diese Vorlage jetzt wirklich das dringendste Problem in Leipzig sei, machte sie deutlich. „Wir haben sie abgelehnt“, sagte sie. „Die Ortschaftsräte sind nicht freiwillig Ortschaften geworden. Heute leisten sie verantwortungsvolle Arbeit.“

„Wir haben bereits 2008 und 2011 zum selben Thema abgestimmt“, erklärte CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski. „Nun also wieder. Dabei gibt es keine neuen Argumente.“ Der Antrag führe nicht zu mehr Demokratie sondern zu mehr Bürokratie. Die Stadt sei nunmal nicht homogen, unter anderem deshalb habe der Gesetzgeber in der Gemeindeordnung eindeutig ein Nebeneinander von Ortschaftsräten und Stadtbezirksbeiräten vorgesehen. „Ortsteile mit einer Ortschaftsverfassung sollten ein erkennbares Eigenleben führen“, so Maciejewski. Das sei bei den Stadtbezirken nicht der Fall, diese seien vielmehr künstliche Verwaltungseinheiten, die nach statistischen Gesichtspunkten zusammengeschlossen wurden.

Stadträtin Beate Ehms (Die Linke) erklärte, dass durchaus die Rechte der Ortschaftsräte auf die Stadtbezirksbeiräte anwendbar seien. Schließlich seien die Strukturen durchaus vergleichbar. Dem widersprach Ortsvorsteher Matthias Kopp (Hartmannsdorf, Knautnaundorf, Rehbach). Es sei ihm unerklärlich, wie man mit so viel Unwissen eine solche Brandrede halten könne, ärgerte er sich. Ortvorsteherin Margitta Ziegler (Lützschena-Stahmeln) wünschte sich eine Einbeziehung der Ortschaftsräte in den Prozess, das sei dem Verwaltungsstandpunkt bisher nicht so zu entnehmen. Das sicherte schließlich Oberbürgermeister Burkhard Jung zu.

Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning (SPD) machte die große Bedeutung des Antrags deutlich. Er räumte ein, dass der Stadtrat auf diesen Verwaltungsstandpunkt lange habe warten müssen. „Aber manchmal dauert das Ändern der Meinung von Ablehnung zu Prüfung eben seine Zeit“, so Hörning. „Mit dem Einführen der Ortschaftsverfassung für das gesamte Stadtgebiet lösen wir keines der Probleme der Leute vor Ort.“ Er sehe dennoch Vorteile darin, beispielsweise im direkten Wahlrecht, das es bei den Stadtbezirksbeiräte bisher nicht gibt. Die Verwaltung habe den Handlungsbedarf erkannt. Dennoch bitte er um Zeit, das Thema zu diskutieren.

Diesen Standpunkt übernahm schließlich die SPD-Fraktion und reichte ihn als Änderungsantrag ein, der mehrheitlich abgelehnt wurde. Für den Antrag der Linksfraktion votierten in namentlicher Abstimmung 26 Stadträte, dagegen 39.

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Antrag der LinksfraktionVerwaltungsstandpunkt

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